Höheres Einsparziel im Emissionshandel erreichbar

Eine Studie des Wuppertal Instituts beruhigt die Industrie.

Im EU-Emissionshandelssystem sind die Marktteilnehmer – anders als im internationalen Emissionshandel im Rahmen des Kyoto-Protokolls – nicht Staaten, sondern Unternehmen bzw. Betreiber bestimmter emissionsintensiver Industrieanlagen. Sie bekommen gemäß nationaler Regeln (Nationale Allokationspläne) Emissionsberechtigungen zugewiesen. Der Europäische Emissionshandel liegt allerdings seit langem ziemlich am Boden. Im Juni 2013 beschloss das EU-Parlament, 900 Millionen. Emissionszertifikate später als geplant zu versteigern („backloading“), um den Europäischen Emissionshandel (ETS) zu stützen.

Eine Studie des Wuppertal Instituts zeigt nun, dass die Zahl der Zertifikate im Emissionshandel nicht nur verschoben, sondern reduziert werden kann, bei vertretbarer Belastung für die Industrie. Der aktuelle Überschuss an Zertifikaten auf dem Markt hat die bekannten niedrigeren Preise als bei Einführung des europäischen Emissionshandels 2005 zur Folge: statt bei rund 30 Euro liegen sie bei etwa 4,50 Euro. Die Belastung der Industrie ist folglich deutlich geringer als bei der Festlegung der Zertifikatemenge politisch ausgehandelt. Auch wird die Nachfrage nach Zertifikaten in Zukunft eher weiter unter den ursprünglichen Erwartungen liegen: Neben der Wirtschaftskrise führen Energieeffizienzpolitiken wie die im Juli 2012 beschlossene Europäische Energieeffizienzdirektive zu einer geringeren Stromnachfrage und damit zu geringerem Bedarf an Strom aus stark emittierenden Steinkohle- und Braunkohlekraftwerken.

In einer gemeinsamen Studie, die in Energy Policy (60/2013) erschienen ist, haben Wissenschaftler des Wuppertal Instituts, des IWP Köln und von Ecofys untersucht, welche Konsequenzen eine deutliche Verknappung der Zertifikate bei gleichzeitiger Reduktion des Stromverbrauchs durch z. B. eine erfolgreiche Effizienzpolitik hätte. Das Ergebnis ist deutlich: Die Industrie profitiert von geringeren Emissionszertifikats- und Großhandelsstrompreisen. Selbst wenn rund 1,4 Mrd. Zertifikate vollständig aus dem Markt genommen würden, wäre die finanzielle Gesamtbelastung der Industrie unter dem Niveau, das bei Einführung des Emissionshandels erwartet wurde, wenn gleichzeitig die Stromnachfrage aufgrund von Effizienzpolitiken sinkt. Damit könnte das jährliche Emissionsniveau bis 2020 um rund 30 Prozent gegenüber 2005 gesenkt werden – anstatt 20 Prozent wie derzeit festgelegt. Ein Backloading wie gerade vom EU-Parlament angestoßen verschiebt die Versteigerung der Zertifikate jedoch nur, anstatt sie vollständig aus dem Markt zu nehmen.